junge Frau rauft sich die Haare; Trauer junge Frau rauft sich die Haare; Trauer

Trauern heißt heilen

Verluste verarbeiten

Der Schmerz und die Trauer nach dem Tod eines geliebten Menschen scheinen unendlich. Nie werden wir über den Verlust hinwegkommen können, glauben wir. Und doch ist ein Leben danach und auch neues Glück möglich.

Phasen der Trauer

Trauer; junge Frau Trauer; junge Frau

Der Weg dahin braucht jedoch Zeit. Und vor allem müssen wir unsere Trauer zulassen und sie nicht verdrängen. Nur wenn wir uns mit dem Verlust auseinandersetzen, können wir lernen, mit ihm zu leben.

Jeder Mensch trauert anders – der eine sucht das Gespräch und möchte seinen Kummer mitteilen, der andere zieht sich zurück und behält seinen Schmerz lieber für sich. Doch unabhängig davon, wie der Einzelne mit Kummer umgeht, durchleben alle Trauernden bei der Bewältigung des Verlustes ähnliche Phasen. Die Schweizer Psychologin Verena Kast entwickelte ein häufig verwendetes 4-Phasen-Modell der Trauer:

1.

Die Phase des Nicht-Wahrhaben-Wollens

Der Tod eines Menschen, selbst wenn er nicht unerwartet kommt, ist für die Angehörigen immer ein Schock. Sie können im ersten Moment gar nicht wirklich erfassen, was geschehen ist und leugnen oft den Verlust des geliebten Menschen. Sie fühlen sich meist wie betäubt und können häufig in dieser Phase noch nicht einmal Tränen um den Verstorbenen weinen.
Diese erste Trauerphase dauert meist wenige Stunden bis hin zu einigen Tagen. In manchen Fällen, besonders wenn der Tod plötzlich und unerwartet eingetreten ist, kann diese Phase aber auch über mehrere Wochen anhalten.

2.

Die Phase der aufbrechenden Emotionen

Der Verlust ist den Betroffenen nun vollkommen bewusst und sie erleben ein Wechselbad der Gefühle zwischen Schmerz, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Trauer und Angst aber auch Wut, denn sie fühlen sich von dem Verstorbenen “im Stich gelassen”. Gleichzeitig belasten sich die Hinterbliebenen oft selbst mit Schuldgefühlen und fragen sich, ob sie den Tod nicht irgendwie hätten verhindern können. Diese Phase hält meist Wochen bis mehrere Monate an.

3.

Die Phase des Suchens und Sich Trennens

In dieser Phase durchleben die Hinterbliebenen in Erinnerungen noch einmal das Leben mit dem Verstorbenen und sind “auf der Suche” nach ihm – an gemeinsam besuchten Orten, in Fotos, Erzählungen und in Gewohnheiten des Verstorbenen. Die Trauernden fühlen sich dadurch dem geliebten Menschen oft wieder sehr nah. Innere Zwiegespräche mit dem Verstorbenen helfen den Hinterbliebenen, noch offene Punkte zu klären und eine innere Beziehung zu dem Verstorbenen aufzubauen. Diese intensive Auseinandersetzung mit dem Toten ermöglicht den Trauernden zunehmend, den Verlust zu akzeptieren und sich ein Weiterleben ohne den Anderen vorzustellen.
Diese Phase kann Wochen, Monate oder Jahre dauern.

4.

Die Phase des neuen Selbst- und Weltbezugs

Langsam gelangen die Trauernden zu einem neuen seelischen Gleichgewicht, es kehrt ein innerer Frieden ein. Die Hinterbliebenen denken immer noch hin und wieder mit Wehmut an den Verstorbenen, blicken aber auch in die Zukunft und schmieden neue Pläne. Der Verstorbene ist nicht vergessen, sondern hat seinen festen Platz in den Erinnerungen der Hinterbliebenen. Den Trauernden scheint es wieder möglich, auf Menschen zuzugehen und neue Beziehungen einzugehen.

Trauer braucht Zeit

Du brauchst Zeit

Trauer; junge Frau Trauer; junge Frau

In welchem Zeitraum diese Phasen durchlaufen werden, kann sehr unterschiedlich sein. Meist sind es drei bis fünf Jahre.

Die akute Trauerphase dauert häufig zwei Jahre. Jeder trauert aber anders, weshalb es keinen Maßstab für die “angemessene” Trauerzeit gibt – jeder sollte sich die Zeit zum Trauern nehmen, die er braucht.
Der Trauerprozess ist dabei aber kein passiver Vorgang, den man automatisch durchläuft. Für eine erfolgreiche Trauerbewältigung ist es notwendig, sich aktiv mit dem Verlust auseinanderzusetzen – deshalb spricht man auch von “Trauerarbeit”. Wer diese nicht vollzieht, riskiert psychische und physische Erkrankungen.

Wenn du trauerst

Folgende Punkte können dir in Zeiten der Trauer helfen:
Verleihe deinem Schmerz Ausdruck.

Rede über den Verlust und deinen Schmerz, das ist sehr wichtig für die Trauerarbeit und heilsam. Falls du nicht reden möchtest, kannst du deinen Schmerz auch auf kreative Weise ausdrücken: in Bildern, Worten, Liedern, etc.

Vermeide große Veränderungen.

Grundlegende Entscheidungen wie Umzug, Hausverkauf, Kündigung oder ähnliches solltest du anfangs vermeiden.

Mache kleine Schritte.

Versuche jeden Tag aufs Neue zu bewältigen. Stelle einen Tagesplan auf, in dem du dir immer nur ganz kleine Schritte vornimmst um zumindest das Nötigste zu regeln.

Akzeptiere deine Gefühle.

Lass deine Trauer zu. Egal ob du weinst, tobst oder Dinge tust, die andere “verrückt” nennen würden – alle Gefühle sind zulässig! Nimm dir Zeit zum Trauern. Finde Rituale, die dir helfen, deine Trauer auszudrücken.

Nimm Hilfe an.

Lass dich, gerade in der Anfangszeit, von Freunden und Familie bei alltäglichen Dingen unterstützen.

Baue deine körperliche Anspannung ab.

Geh spazieren oder mache Entspannungsübungen (wie z.B. Autogenes Training oder Yoga). Auch Meditation kann helfen, etwas zur Ruhe zu kommen.

Unterstütze dein Immunsystem.

Nach dem Verlust eines geliebten Menschen wird das Leben nie mehr so sein wie vorher, aber es kann trotzdem wieder schön werden! Hab Mut und gib dir Zeit.

Wenn du trösten willst

Trau dich ruhig

Green ribbon. Different diseases and awareness symbol.

Trauer; Freunde im Cafe, im Gespräch vertieft Trauer; Freunde im Cafe, im Gespräch vertieft

Viele Menschen sind unsicher im Umgang mit Trauernden und ziehen sich oft von ihnen zurück. Dadurch nimmst du ihnen aber die Möglichkeit, sich auszusprechen und so den Tod besser zu verarbeiten.

Sei für den Trauernden da

Vermittele dem Trauernden Nähe und Mitgefühl und hör ihm einfach zu, ohne viel zu fragen. Geh aktiv auf den Trauernden zu: Sag nicht einfach “Du kannst mich jederzeit anrufen”, denn in ihrer Trauer ist es den Hinterbliebenen unmöglich, auf andere Menschen zuzugehen. Ergreif du daher die Initiative und rufe selbst an oder schau häufiger mal nach dem Trauernden – auch wenn er meint, lieber allein sein zu wollen. Dräng dich nicht auf, aber biete dich immer wieder als Gesprächspartner an und sprich regelmäßig kleine Einladungen aus.

Biete Unterstützung bei allen Dingen an, die im Zusammenhang mit dem Todesfall getan werden müssen.

z.B. ein Bestattungsunternehmen finden, den Grabstein aussuchen, bei der Organisation der Beerdigung helfen, den Haushalt auflösen, …

Hilf, den Alltag zu bewältigen.

Übernimm alltägliche Aufgaben wie Einkaufen, Putzen, etc. oder biete an, auf die Kinder aufzupassen.

Bewerte die Trauer nicht.

Vermeide Aussagen wie “Du hast jetzt genug getrauert” – jeder braucht seine eigene Zeit für die Bewältigung der Trauer, dafür gibt es kein allgemein gültiges Maß. Versuche auch nicht, den Verlust des anderen zu relativieren, z.B. mit Worten wie “Wenigstens hast du noch dein anderes Kind” – ein Mensch lässt sich nicht durch einen anderen ersetzen. Überdies fühlen sich die Trauernden durch solche Aussagen in ihrer Trauer nicht ernst genommen.

Akzeptiere alle Gefühle des Trauernden.

Das Fehlen von Tränen bei Trauernden wirkt auf die Umwelt oft verstörend. Im Trauerprozess gibt es jedoch keinen “unangebrachten” Gefühle, alles gehört dazu: scheinbare Empfindungslosigkeit, Verzweiflung, Schuldgefühle, aber auch Wut.

Hab keine Angst, etwas Falsches zu sagen.

Geh auf Trauernde zu, auch wenn du das Gefühl hast, nicht zu wissen, was du sagen kannst. Viel schlimmer als ein “falsches” Wort, ist für Trauernde, wenn sie von ihrer Umwelt gemieden werden.

Sprich von dem Verstorbenen.

Hab keine Angst, von dem Toten zu reden. Im Gegenteil: Frage den Trauernden immer wieder, wie es ihm mit dem Tod des Verstorbenen geht. Trauer wird nicht durch das Ansprechen des Todesfalls ausgelöst, sie ist wenn ohnehin da. Trauernde leiden vielmehr darunter, wenn sie das Gefühl haben, der Verstorbene wird auch noch totgeschwiegen und aus dem Leben ausgeklammert.

Biete an besonderen Tagen deine Gesellschaft an.

Weihnachten, Todestag oder auch Geburtstag des Verstorbenen fällt Hinterbliebenen oft besonders schwer. Gerade an solchen Tagen ist es für den Trauernden wichtig zu erfahren, dass er nicht alleine dasteht. Ruf zum Beispiel an oder schlag vor, diesen Tag gemeinsam zu verbringen und z.B. das Grab zu besuchen oder frag, wie der Trauernde selbst diesen Tag gerne verbringen würde.

Trauer; Freunde im Cafe, im Gespräch vertieft Trauer; Freunde im Cafe, im Gespräch vertieft

Niemand, auch nicht der Trauernde selbst, erwartet, dass du ihn von seiner Trauer befreist. Hör einfach zu und zeig ihm, dass du für ihn da bist. Nähe und ein offenes Ohr sind in der Trauer wertvoller, als viele Worte.

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