Krankenhausangst Kranknhausangst

Angst vorm Krankenhaus

Das unliebsame Gefühl

Wer ins Krankenhaus muss, hat Angst vor dem, was auf einen zukommt. Die Liste, was das Unwohlsein auslöst, ist lang, sehr oft ist es die Panik vor Operation, Narkose und Keimen. Wem es gelingt, mit der inneren Aufregung gut umzugehen, fühlt sich sicherer und ist den Behandlungen nicht vollends ausgeliefert.

Kein Kopfkino!

Nicht darauf gucken, was alles passieren könnte

Krankenhausangst Krankenhausangst

Angst vor dem Krankhaus:

Etwa zwei Millionen Menschen in Deutschland haben Angst davor, in ein Krankenhaus eingeliefert zu werden. Aus einer Forsa-Umfrage von 2019 ging hervor, dass 81 Prozent der Befragten fürchten, sich mit Keimen zu infizieren, weitere 55 Prozent vermuten, eine Operation könnte weitere nach sich ziehen, 51 Prozent glauben, es gäbe Komplikationen bei der Narkose.

Es gibt Fakten, die den inneren Stresspegel ansteigen lassen: das Unbehagen vor Kontrollverlust, die Verletzung der Intimsphäre, das Zimmer mit anderen Patienten teilen zu müssen.

Miriam Tabea Richter, Professorin für Pflegewissenschaften, hat über die „Angst im Krankenhaus“ wissenschaftlich geforscht und benennt weitere Aspekte: ein hohes Maß an Technik, das Erleben von Leid und Tod, mangelnde Kommunikation, Verlust sozialer Geborgenheit und wirtschaftlicher Absicherung. Unangenehm sind ebenso die langen Untersuchungen und die quälende Warterei auf die Befunde. Allein der Geruch nach Desinfektionsmittel, die endlosen Gänge, der Gedanke an Kanülen und Skalpelle kann vorab Unwohlsein hervorrufen.

Projekt "Angstfreier OP-Saal"

Entspannt in den OP

Studien übrigens belegen, dass Patienten bereits vor dem Setzen der Zugänge, über die Medikamente und Narkosemittel während einer OP in die Blutbahn gebracht werden, ähnliche Empfindungen haben wie Menschen, die vor einer Folter stehen. Diese Aussage kann Dr. Holger Sauer, Anästhesie-Chefarzt der Klinik am Park Lünen, bestätigen. Aus eigener Erfahrung erlebte er die Angst der Patienten vor und während operativer Eingriffe. Um diese zu vermeiden, rief er das Projekt „Angstfreier Operationssaal“ ins Leben.

Wie funktioniert das?

Dieses Konzept setzt vor der Behandlung an. Da wird über umfassende medizinische Aufklärung und Besprechung hinaus auf Beruhigung gesetzt: Zum Beispiel mit einem speziellen Massagestuhl, sanfter  Musik und warmen Lichtern kann es gelingen, den Stresspegel zu minimieren. Während des Eingriffes dann laufen über eine Videobrille Filme. Aromabeigaben im OP-Saal sorgen darüber hinaus für einen angenehmen Duft.

Vorreiterrolle

Zwar werden solche wohltuenden Hilfsmittel noch selten in den Krankenhäusern angewendet, jedoch geben sie Anregungen, wie man in solch angespannten Situationen sich auch selbst helfen kann, vielleicht mit eigener Lieblingsmusik, Traumreisen-CD, Filme auf dem Smartphone oder selbst gewähltem Duftöl.

Vorhandenen Spielraum nutzen

„Massive Ängste zu überwinden“, so der Experte, „ist ein Akt der Selbstkontrolle – man tut etwas, das unmittelbar unangenehm ist, langfristig jedoch mit der Aussicht, dass zum Beispiel Schmerzen langfristig nachlassen.“ Wie jemand mit seinen Ängsten umgeht, dafür ist Persönlichkeitsstruktur ausschlaggebend. Manch einer hat grundsätzliche Furcht vor Veränderung, andere wiederum sind Unbekanntem gegenüber zugewandt.

Vorhandenen Spielraum nutzen

„Massive Ängste zu überwinden“, so der Experte, „ist ein Akt der Selbstkontrolle – man tut etwas, das unmittelbar unangenehm ist, langfristig jedoch mit der Aussicht, dass zum Beispiel Schmerzen langfristig nachlassen.“ Wie jemand mit seinen Ängsten umgeht, dafür ist Persönlichkeitsstruktur ausschlaggebend. Manch einer hat grundsätzliche Furcht vor Veränderung, andere wiederum sind Unbekanntem gegenüber zugewandt.

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Auf das Ziel konzentrieren

Trotz aller Furcht ist es wichtig, nicht so sehr darauf zu gucken, was alles passieren könnte, sondern sich auf jene Ziele konzentrieren, die erreichbar sind. Es gibt immer einen gewissen Spielraum und es gibt Rechte, die ein Patient hat, die es wahrzunehmen und auszugestalten gilt.

Das Experteninterview

Angst vorm Krankenhaus

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Wie man diese aushält, lindert und überwindet – ein Gespräch mit Jürgen Hoyer, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Technischen Universität Dresden.

Worin sehen Sie die Ursachen von Behandlungsängsten?

In manchen Fällen mögen schlechte Erfahrungen eine Rolle spielen, zum Beispiel wenn man als Kind zum Arztbesuch gezwungen wurde. Einmal bestehende Ängste können sich verfestigen und im Erwachsenenalter bestehen bleiben, besonders dann, wenn sie geheimgehalten oder heruntergespielt werden.

Häufig kommt es vor, dass Ängste sich durch die spezifischen Abläufe im Kranken­haus verstärken. Was kann man dagegen tun?

Informationen könne Ängste reduzieren. Im Krankenhaus selbst ist unter Umständen wenig Zeit für eine geeignete Aufklärung, deshalb sollte so früh wie möglich damit angefangen werden. Da sind soziale Kompetenzen gefragt: Eine freundliche, aber selbstbewusst vorgetragene Bitte hat letztlich mehr Erfolg als eine aggressive Unmutsäußerung.

Was die Mittpatient*innen angeht, da ist es Glückssache, welche Zimmergenossen das sind. Doch Mehrbettzimmer haben aber nicht nur Nachteile, da lässt sich auch erleben, wie andere mit ihren Sorgen umgehen und versuchen, diese zu bewältigen.

Es ist außerdem hilfreich, die eigenen Ängste anzusprechen. Wenn der Arzt nicht weiß, wo der Schuh drückt, hat er kaum eine Chance dem Patienten entgegenzukommen oder unbegründete Befürchtungen auszuräumen.

Viele Kranke möchten die Angehörigen mit ihren Sorgen nicht belasten. Wie kommt es zu solch einer Vorsicht?

Das ist individuell verschieden und hängt vom sozialen Umgang in der Familie ab, ob man eben offen und ehrlich Probleme thematisiert oder ob sie verschwiegen werden und es eine Vermeidungskultur gibt. Durch eine Krankheit oder einen Unfall kann es möglich werden zu lernen, offen über Schmerzen und Emotionen zu sprechen. Es könnte für die Familie ein Schritt nach vorn sein, weil durch den Austausch von Gefühlen Nähe entstehen kann, gerade auch dann, wenn die Beziehung vorher abgestumpft war. Das gelingt aber nur, wenn derjenige, der die Unterstützung empfängt, nicht überrumpelt wird – denn man kann jemandem ebenso mit unerwarteter Offenheit und Emotionalität überfordern. Sinnvoll wäre es zu fragen: Wann ist es dir recht, wann soll ich kommen? Und was brauchst du jetzt?

Wie kann man sich als Patient in einem manchmal unüberschaubar wirkenden Krankenhausbetrieb einbringen?

Es ist hilfreich, sich auf jene kleinen, aber konkreten Ziele zu konzentrieren, die man jeweils am Tag erreichen möchte. Zum Beispiel etwas über die anstehende Behandlung oder die Heilungsprognose zu erfahren, vielleicht versuchen Zeitung zu lesen oder spazieren zu gehen; vielleicht einige Telefonate führen oder einen Brief schreiben. Auch Fragen stellen, um etwas bitten, sich mit anderen austauschen, Kompromisse finden und aushandeln, das sind Möglichkeiten, die sich anbieten. Also versuchen, den Aufenthalt so gut es möglich ist mitzugestalten, auf den Beistand der Familie zu bauen, und was auch gut tut, ein paar persönliche Gegenstände bei sich zu haben.

Krankenhausangst

Ganz wichtig: Lieber dreimal nachfragen, bevor du mit einem schlechten Gefühl ins Krankenhaus gehst.

Informationen einholen

Entscheidungen treffen

Faktisches Nachfragen kann ein Stück Sicherheit geben: Bei wie vielen Patienten von tausend gab es in der Vergangenheit bei diesem Eingriff Komplikationen? Wie oft hat der Chirurg die OP durchgeführt? Auch: Wie wahrscheinlich ist es, dass die verschiedenen Verfahren und Behandlungen helfen? Wie wahrscheinlich sind Nebenwirkungen?

Auch: Muss die OP wirklich sein? Welche Alternativen habe ich? Woher bekomme ich wissenschaftlich geprüfte Informationen? Wer kann mich unterstützen?

Um im Krankenhaus seinen Stresspegel herunterzufahren, ist es hilfreich sich zu vergegenwärtigen, was einem im Alltag hilft, um ruhiger zu werden, wenn man sich überlastet und ausgepowert fühlt: Fernsehen, Musikhören, Lesen oder autogenes Training. Gedankenreisen, also den Fokus auf die Zeit danach zu richten. Vielleicht ist es möglich, sich mit einem Kurzurlaub für das Durchgestandene zu belohnen, wenn die Kräfte es wieder zulassen. Das Gehirn nämlich merkt sich solche Gedankenausrichtung und verknüpft zukünftig ähnliche schwierige Situationen mit positiven Gefühlen.