Folge 17 – Bitte nicht heute!
Migräne in den unpassendsten Momenten
Es gibt kein gutes Timing für Migräne, da machen wir uns nichts vor. Schließlich haben wir immer etwas Besseres zu tun als mit höllischen Kopfschmerzen im Bett zu liegen. Aber es gibt durchaus Tage, an denen eine Attacke mehr als nur ärgerlich ist. Gründe für schlechtes Timing gibt es viele: Sei es die Geburtstagsparty, auf die du dich lange gefreut hast; der Wochenendtrip, auf den deine Mitreisenden seit Wochen hinfiebern – oder schlimmer noch: die eigene Hochzeit! Betroffenen stellt sich vor großen Tagen wie diesen oft die Frage, wie sie einer Migräne entgegenwirken können. Doch leider ist es meist genau dieses Gedankenkarussell, das die Wahrscheinlichkeit eines Anfalls erhöht. In welchen Situationen Diana bereits zittern musste und wie sie damit umgeht, wenn der Worst-Case eintritt, lest ihr ihrem neuen Beitrag.
Meisterin darin, Pläne zu durchkreuzen
Es gibt Tage, an denen einfach nichts schiefgehen darf. Sei es aufgrund eines wichtigen Job-Interviews, eines geplanten Grillfestes oder auch bloß, weil es sich um den letzten freien Nachmittag vor der großen Reise handelt und es noch unzählige Dinge zu erledigen gibt. Migräne ist eine Meisterin darin, Pläne zu durchkreuzen, To-Do-Listen zu sprengen und Betroffenen von jetzt auf gleich den Tag zu versauen. Verständlich, dass viele von ihnen schon Wochen im Voraus zittern, wenn ein wichtiger Termin ansteht – in der Hoffnung, dass diesmal alles gutgehen wird. Da helfen auch die gut gemeinten Ratschläge nahestehender Personen nicht weiter, die freundlich darauf hinweisen, dass es für alles eine Lösung gibt. Denn seien wir mal ehrlich: Das stimmt faktisch nicht. Es gibt Anlässe, wie Geburtstage, Konzerte oder Weihnachten, die sich nun mal nicht verschieben lassen. Ich spreche aus Erfahrung: Nur, weil ich es in der Vergangenheit schon einmal geschafft haben, eine unglücklich getimte Migräne durchzustehen, heißt das noch lange nicht, dass ich das wiederholen möchte. Im Gegenteil, oft sitzen die Erinnerungen an die Höllenqualen des Zusammenreißens so tief, dass ich allein beim Gedanken daran, dass es noch mal passieren könnte, in Panik verfalle. Erst vor wenigen Wochen ist mein persönlicher Albtraum mal wieder eingetreten. Ich hatte zuvor an einem großen Projekt mitgearbeitet und musste an einem Fotoshooting teilnehmen, bei dem ich gemeinsam mit meinem Team für die Presse abgelichtet werden sollte. Der Termin stand bereits seit Monaten, da meine Kollegen für die Fotos zum Teil aus anderen Bundesländern anreisen mussten. Bereits eine Woche vorher ließ mich ein Blick in meine Menstruations-App das Schlimmste befürchten. Denn das Foto-Shooting sollte ausgerechnet am Tag vor dem Einsetzen meiner Periode stattfinden. Meine persönliche Kopfschmerzstatistik belief sich somit auf eine Migräne-Wahrscheinlichkeit von schätzungsweise 98 Prozent. Ich war geliefert. In einem letzten Anflug schwindender Hoffnung gab ich auf den letzten Metern alles, um dem Unglück entgegenzuwirken. Ich achtete auf einen regelmäßigen Schlafrhythmus, verzichtete auf Alkohol und stopfte tagelang Magnesium in mich hinein. Vergeblich.
Migräne aushalten: Augen zu und durch
Als der Tag gekommen war, spürte ich bereits beim Aufstehen, dass die Kopfschmerzen über mir schwebten und nur darauf warteten, im richtigen Moment zuzuschlagen. Als ich zwei Stunden später in den Zug nach Düsseldorf stieg, legte sich von einem Moment auf den anderen der altbekannte Schalter um. Das flackernde Sonnenlicht war plötzlich unerträglich, das Stimmengewirr um mich herum schwoll auf die doppelte Lautstärke an und in mir machte sich eine widerliche Übelkeit breit. Ich nahm sofort ein Triptan und schloss die Augen, doch so sehr ich es mir auch wünschte und durch körperliche Selbstbeherrschung herbeisehnte – mein Zustand verschlechterte sich von Minute zu Minute. Es war also mal wieder so weit: Herzlich Willkommen in meinem persönlichen Worst-Case-Szenario! In Düsseldorf angekommen, traf ich schließlich auf mein gut gelauntes Team, dass sich – wie ich – bereits seit Wochen auf den Tag gefreut hatte. Ich berichtete ihnen kurz von der Misere und tat das Einzige, was mir übrig blieb: Ich riss mich zusammen. Eine Stunde lang lief ich mit den anderen am Rhein entlang und folgte den Anweisungen der Fotografin. Ich nahm die Sonnenbrille ab, lächelte, posierte, zog die Jacke aus, setzte mich, lief vor und zurück – und ließ mich bei dem gemeinsamen Abendessen im Anschluss schließlich vollkommen erschöpft in meinen Sessel fallen. Erst weitere zwei Stunden später ließen die Symptome nach. Zwar waren die Schmerzen dank der frühen Triptan-Einnahme nicht richtig durchgekommen, aber wie anstrengend und einnehmend die Begleiterscheinungen einer Migräne sein können, wird mir immer erst bewusst, wenn ich mich der äußeren Reizüberflutung nicht entziehen kann. Allen anderen habe ich an dem Tag mal wieder bewiesen, dass es im Notfall ja dann ja doch irgendwie geht. Mir selbst habe ich durch die stundenlangen Qualen ein weiteres Mal vor Augen geführt, dass solche Aktionen tunlichst zu vermeiden sind, wenn es irgendwie geht.
Vor meiner Hochzeit war die Angst vor einer unpassenden Migräne am größten. Während ich ein Konzert-Ticket in letzter Minute noch weitergeben und mein Partner mit einer Ersatzperson hingehen kann, bin ich als Braut schließlich nicht zu ersetzen.
Die Angst vorm Worst-Case-Szenario
Es gibt sie eben doch, die Termine, die sich nicht leichtfertig absagen lassen – vor allem, wenn sie nicht nur die eigenen Pläne, sondern auch die anderer durcheinanderbringen. Dass ein abgesagter Fototermin kein Weltuntergang gewesen wäre, ist mir natürlich klar. Aber als Migränikerin bin ich es schlichtweg leid, immer wieder für Chaos und kurzfristige Planänderungen zu sorgen. Letztendlich muss ich als Selbstständige ja auch aufpassen, aufgrund meiner Erkrankung nicht irgendwann als unzuverlässig zu gelten. Von daher werde ich in solchen Situationen auch künftig individuell abwägen müssen, ob ich absage oder mein Vorhaben mithilfe von Medikamenten durchziehe – was je nach Intensität des Anfalls auch gar nicht immer möglich ist. Es ist auch nicht unbedingt von Vorteil, dank solcher Erfahrungen zu wissen, wie es ist, die Zähne im Ernstfall zusammenzubeißen und eine Attacke zu überspielen. Ihren vorläufigen Höhepunkt hat meine Angst vor einer Migräne zum falschen Zeitpunkt übrigens vor meiner Hochzeit erreicht. Logisch, schließlich wird uns von klein auf erzählt, dass es sich dabei um den „schönsten Tag unseres Lebens“ handeln muss. Und dann wird es plötzlich ernst: Die Feier wird monatelang geplant, das Kleid sitzt perfekt, es reisen Gäste aus ganz Deutschland an und nicht zu vergessen: Das alles ist natürlich auch mit immensen Kosten verbunden. Eine Migräne am Tag der eigenen Hochzeit, würde nicht nur einem selbst das Essen und die Party versauen, sondern auch der Person, die man heiratet. Und so begann der Supergau in meinem Kopf bereits Monate im Voraus Gestalt anzunehmen. Denn während ich ein Konzert-Ticket auch in letzter Minute noch weitergeben und mein Partner mit einer Ersatzperson hingehen kann, bin ich als Braut schlichtweg nicht zu ersetzen. Und auch ganz egoistisch gedacht: Selbst, wenn ich es schaffe, mich im Ernstfall zusammenzureißen, die Erinnerungen an den großen Tag lassen sich nachträglich nun mal nicht korrigieren oder mit einem Filter aufhübschen. Da halfen auch die „Alles wird gut“-Aufmunterungen meiner Liebsten nicht. Meine Angst war real und der Druck wuchs mit jedem Tag, an dem der Termin näher rückte. Verzweifelt googelte ich „Migräne am Hochzeitstag“ und stellte fest, dass ich mit meiner Sorge nicht allein dastand.
Ratschläge wie „Vermeiden Sie übermäßigen Stress“ sind in vielen Situationen nicht praktikabel. Wie soll das Bitteschön gehen, wenn dein Terminplan bereits Wochen vor der Hochzeit platzt und dir alle sagen, dass es der schönste Tag deines Lebens werden muss?
Migräne am Hochzeitstag
Die Ratschläge in entsprechenden Artikeln waren ernüchternd bis lächerlich. „Vermeiden Sie übermäßigen Stress“, hieß es dort immer wieder. Ganz toll, wie soll das Bitteschön gehen, wenn der Terminplan bereits Wochen im Voraus platzt, weil man Blumen aussuchen, Aufgaben verteilen, Playlists anfertigen, Gastgeschenke besorgen, eine Sitzordnung erstellen, zum Friseur und zur Anprobe muss – während man nebenbei auch noch arbeiten geht, weil der Urlaub ja bereits für die Flitterwochen verplant ist. Es ist für Außenstehende leicht gesagt, dass es Sinn macht, loszulassen und To-dos auszulagern, an der Umsetzung hapert es jedoch. Bei der eigenen Hochzeit fällt es eben schwer, Verantwortung und somit auch Kontrolle abzugeben, weil alles perfekt werden soll. Hinzu kommt ein immenser Druck, weil es unfassbar viele Faktoren gibt, die das Brautpaar nicht beeinflussen kann: Werden alle kommen? Wird die Stimmung gut sein? Was, wenn es regnet? Der Spagat zwischen den eigenen Gastgeberqualitäten und den überwältigenden Emotionen, die mit diesem Tag einhergehen, ist nicht zu unterschätzen. Der freundliche Hinweis, dass ich mir einfach die Ruhe reinzuziehen solle, verpuffte daher wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. An Stressreduktion war nicht zu denken, da half auch kein Ausschlafen und keine Yoga-Übung. Als der Tag der Hochzeit schließlich gekommen war, ging es mir großartig – von Migräne keine Spur. Alles war perfekt. Und ohne mich jetzt zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen: Wenn es wirklich darauf ankam, blieb ich bisher meistens verschont. Natürlich blicke ich auch auf zahlreiche Migräne-Attacken in äußerst unpassenden Momenten zurück. So lag ich beispielsweise mal in den 36 Stunden vor einem Langstreckenflug flach. Ein andermal habe ich den Besuch eines nicht gerade preiswerten Hip-Hop-Konzertes abbrechen müssen, weil die Bässe einen plötzlichen Anfall getriggert haben. Und auch der Tag des lang geplanten Fotoshootings war eher ungünstig. Aber wenn es wirklich drauf ankommt, weil ein Event einen emotionalen Wert für mich hat und sich nicht nachholen lässt, scheint mein Körper alle Kräfte zu mobilisieren, um die Migräne in Schach zu halten. Und dafür bin ich sehr dankbar.
Die Kolumne - Alle Folgen
Lesezeit 11 Min.
Folge 22 – Migräne in Zeiten der Krisen
Das Weltgeschehen triggert deine Migräne? Wie du dir kleine Erholungsinseln schaffst, davon berichtet euch Diana.
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Folge 21 – Wellness und Migräne
Wellness zur Belohnung - Wass passiert, wenn die Idee nach hinten losgeht und deine Migräne triggert? Davon berichtet euch Diana.
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Folge 20 – Tipps gegen Migräne
Heißes Fussbad gegen Migräne? - Lifehacks aus dem Netz. Mehr dazu hier:
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Folge 19 – Rucksackreise mit Migräne
Rucksackreise mit Migräne - 3 1/2 Wochen durch Thailand. Mehr dazu hier:
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Folge 18 – Schmerzhaftes Beziehungsdreieck
"Die Migräne, mein Mann und ich" - Ein schmerzhaftes Beziehungsdreieck und zwei Menschen, die damit klarkommen müssen.
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Folge 17 – Bitte nicht heute!
"Bitte nicht heute!" - Es gibt kein gutes Timing für Migräne. Diana berichtet vom Umgang mit dem Worst-Case-Szenario. Mehr dazu hier:
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Folge 16 – Skurrile Behandlungsmethoden
Migräne ist so alt wie die Menschheit, genauso wie deren skurrile Behandlungsmethoden. Folgt Diana auf eine Zeitreise.
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Folge 15 – Wetterfühligkeit statt Frühlingsgefühle
Endlich Frühling! Aber, welche Trigger kommen in dieser Jahreszeit hinzu und worauf können Kopfschmerzgeplagte achten? Diana erklärt es euch in der neuen Folge.
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Folge 14 – Chronische Migräne
Ab wann eine Migräne als chronisch eingestuft wird und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, hat Diana für euch hier zusammengetragen.
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Folge 13 – Das Licht am Anfang des Migränetunnels
Unterschätzte Lichtreize triggern deine Migräne? Höchste Zeit, ein Gespür dafür zu entwickeln, welche davon Migräne auslösen können.
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Folge 12 – Wie kündigt sich Migräne an?
„Irgendwie fühle ich mich heute migränig.“ - Vorboten und erste Anzeichen. Diana berichtet, wie sich bei ihr die Migräne ankündigt.
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Folge 11 – O du fröhliche Triggerzeit
Migräne durch "Jingle Bells"? Es gibt sie wirklich: Die Feiertagsmigräne. Diana erzählt euch, was das bedeutet.
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Folge 10 – Migräne Gaslighting
Bei Migräne kommt es häufig zu Medical Gaslighting, sie gehört zu den "unsichtbaren Krankheiten“. Lest was das ist, was Diana davon hält.
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Folge 9 – Sportbedingte Migräne
Intensive Sportarten können deine Migräne triggern. Mehr dazu findest du gleich hier in der neusten Folge der Kolumne:
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Folge 8 – Menstruelle Migräne
Der doppelte Knockout: Hormonelle Achterbahn und die menstruelle Migräne. Mehr dazu findest du gleich hier in der neusten Folge der Kolumne:
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Folge 7 – Soziale Medien
"Migräne macht einsam." Wie die Community in de Sozialen Medien dir helfen kann? Die Antworten findest du gleich hier in der neusten Folge der Kolumne:
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Folge 6 – Entspannungskopfschmerz
"Ab in den Urlaub – deine Migräne ist schon da!" Diana Ringelsiep: In ihrer neuen Kolumne dreht sich alles um den wohlverdienten Urlaub.
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Folge 5 – Fehlzeiten-Abonnement
Migräne und eine Krankschreibung? In ihrer neuen Kolumne beleuchtet Diana Ringelsiep den Gewissenskonflikt, der im Job häufig mit Migräne einhergeht.
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Folge 4 – Das Knirschen im Kopf
Eine häufige Ursache für chronische Migräne ist das Knirschen mit den Zähnen. Was passiert, wenn deine Kiefergelenke nachts Partys feiern?
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Folge 3 – Schmerz und Vorurteil
Kaum eine andere Erkrankung hat einen so schlechten Ruf wie Migräne. Warum? Die Vorurteile müssen dringend abgebaut werden!
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Folge 2 – Kenne deinen Feind
Ein Kopfschmerztagebuch kann helfen, Ordnung ins Chaos zu bringen. Wie das funktioniert erfahrt ihr in Dianas Kolumne.
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Folge 1 – Böses Erwachen
"Den Morgen meiner ersten Migräne werde ich hingegen niemals vergessen..." Wie lebt es sich mit Migräne? Diana nimmt euch mit in ihre Welt.
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