Albinismus
Ein Leben ohne Pigmente
Theo sieht anders aus. Seine Haut und Haare sind so hell, dass sie zu leuchten scheinen. Lange in der Sonne liegen, das kommt für ihn nicht in Frage. Auch seine Augen machen ihm Schwierigkeiten. Theo ist einer von etwa 5.000 Menschen in Deutschland, die an der Stoffwechselerkrankung Albinismus leiden. Kein leichtes Schicksal in einer Welt, in der Anderssein noch immer nicht selbstverständlich ist.
Beim Albinismus fehlt das Pigment Melanin
Der Begriff Albinismus beschreibt eine Gruppe angeborener Stoffwechselstörungen, bei denen der Farbstoff Melanin wenig oder gar nicht gebildet wird. Die klinische Ausprägung der Erkrankung kann unterschiedlich sein. Theos Krankheitsform nennt sich okulokutaner Albinismus. Bei dieser Form sind Haare, Haut und Augen betroffen. Der okuläre Albinismus dagegen beschränkt sich nur auf die Augen.
Hell, heller, Albinismus
Melanin kommt normalerweise in der Haut, den Haaren sowie der Netzhaut und Iris des Auges vor. Fehlt dieses Pigment komplett oder wird es nur in geringen Mengen produziert, sind helle Haut-, Haar- und Augenfarben die sichtbaren Folgen. Doch der Melaninmangel sorgt nicht nur für ein auffälliges Erscheinungsbild: Er macht die Betroffenen auch extrem empfindlich gegenüber Sonnenlicht. Denn Melanin schützt uns gegen UV-Strahlung. Dementsprechend haben Menschen mit Albinismus ein deutlich erhöhtes Sonnenbrand-Risiko und entwickeln auch öfter Hautkrebs als andere.
„Crem‘ dich gut ein!“
Immer lagen Theos Eltern ihm mit diesem Satz in den Ohren. Aber einmal, es waren Sommerferien, ist es eben doch passiert: Theo kickte mit seinen Kumpels auf dem Fußballplatz – und hatte den Sonnenschutz vergessen. An die unzähligen Blasen, die sich daraufhin bildeten, und die immensen Schmerzen kann er sich auch heute noch allzu gut erinnern. Seitdem sind Sonnencreme, -hut und -brille seine ständigen Begleiter.
Schwierigkeiten beim Sehen
Betroffene wie Theo haben nicht nur mit einer supersensiblen Haut zu kämpfen. Vielen bereitet auch das Sehen Probleme. Aufgrund des Melaninmangels ist die Iris durchleuchtbar, was zu einer hohen Licht- beziehungsweise Blendungsempfindlichkeit führt. Auch das räumliche Sehvermögen ist bei den meisten Betroffenen nicht richtig ausgebildet – es kommt zum Schielen. Zudem weisen nahezu alle Erkrankten einen Nystagmus (unwillkürliches, rhythmisches Zittern der Augen) auf.
Wie wird Albinismus behandelt?
Bislang gibt es keine Kausaltherapie bei Albinismus. Aber unterstützende Maßnahmen können die Situation der Betroffenen verbessern. An oberster Stelle steht ein entsprechender UV-Schutz mit hohem Lichtschutzfaktor (Kleidung, Creme). Damit kann das Risiko, eine Verbrennung zu erleiden oder Hautkrebs zu entwickeln, reduziert werden. Getönte Brillen oder Kontaktlinsen können der hohen Blendungsempfindlichkeit entgegenwirken. Bei Bedarf kommen auch andere Sehhilfen wie Lupen oder Bildschirmlesegeräte zum Einsatz, um den Alltag der Betroffenen zu erleichtern.
Ausgrenzung ist noch immer ein Thema
Theo hat immer sehr viel Unterstützung von seinen Eltern erfahren: „Du bist toll so, wie du bist“, haben sie stets zu ihm gesagt. Auch seine Freunde und seine Lehrer haben ihm nie das Gefühl gegeben, dass seine Besonderheit etwas Negatives sein könnte. Doch er weiß, dass das nicht selbstverständlich war und es leider auch noch immer nicht ist. Denn auch heute noch haben viele Menschen Vorurteile oder gar Angst vor Andersaussehenden. Besonders problematisch ist die Situation jedoch für Betroffene in Teilen Afrikas, wo sie bis heute verfolgt und ermordet werden. Hintergrund ist der dort verbreitete Aberglaube, dass ihre Körperteile Glück und Reichtum bringen.
Ein ganz normales Leben
Theo ist mittlerweile 32 Jahre alt, arbeitet als Erzieher und engagiert sich neben seinem Beruf in einer Albinismus-Selbsthilfegruppe. Ihm ist es eine Herzensangelegenheit, anderen Betroffenen und deren Familien Mut zu machen. Gerne gibt er ihnen Informationen an die Hand, wie sie auch mit Albinismus ein erfülltes, ziemlich normales Leben führen können. So wie er.
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