Demenz

Demenz mit Dreißig?

Jung und nicht immun

Demenz ist keine reine Alterserkrankung, auch wenn sie in den meisten Fällen mit einem höheren Lebensalter einhergeht. Aber es gibt auch junge Demenzkranke, was uns seltsam vorkommt, ist eine medizinische Tatsache. Wie damit umgehen?

"Pflegerin gesucht"

Nicht was sie erwartet hat

Sabine ist Altenpflegerin und seit zwei Jahren im Ruhestand. Nicht selten fällt ihr die Decke auf den Kopf – der Fernseher läuft viel zu oft. Sie überlegt immer öfter, wie sie ihre Situation verändern kann und stößt auf eine Kleinanzeige im Wochenblatt. „Unternehmer sucht examinierte Pflegekraft zur Unterstützung seiner Frau im häuslichen Umfeld.“ Der angegebene Stadtteil ist nur einen Katzensprung entfernt – und Sabine beschließt: Ich bewerbe mich da einfach mal.

Gesagt getan und schon zwei Tage später hat sie ein Vorstellungsgespräch bei Herrn Ullrichs, der wirklich jung und nett klingt am Telefon. Das Haus hat einen großen gepflegten Garten und als Herr Ullrichs öffnet, ist Sabine erstaunt. Er ist höchstens 35 Jahre alt und sieht sehr gepflegt und sympathisch aus. „Kommen Sie herein!“ Nach einigen Minuten Smalltalk sagt Herr Ullrichs, dass er ihr gerne seine Frau Elli vorstellen würde, um die es geht. Sabine ist gespannt.

Fortschreitende Demenz: Es wird immer schwieriger, sich räumlich und zeitlich zu orientieren und im Alltag selbstständig zurechtzukommen.

Eine junge Patientin

Verloren in der Demenz

Frau Ullrichs ist eine zierliche wunderschöne Frau, mit wasserblauen Augen und dunklem Haar. Sie sieht verletzlich aus. Als sie Sabine sieht, heftet sie ihren Blick für einen kurzen Moment an sie, fragt wer sie sei, verliert dann jedoch direkt das Interesse. „Elli geht es leider seit ein paar Wochen immer schlechter“, berichtet Herr Ullrichs. „Sie hat, obwohl sie erst 32 Jahre alt ist, Demenz.“ Sie hat gute aber eben auch schlechte Tage. Leider ist sie auch schon zwei Mal weggelaufen und hat dabei die Orientierung verloren. Wir sind auf der Suche nach jemandem, der hier vier Stunden am Tag die Stellung hält, während ich im Büro arbeite und bei Terminen bin.“ Sabine ist völlig irritiert. Demenz in so jungen Jahren? Das ist ihr in ihrer fast 40-jährigen Karriere als examinierte Pflegekraft noch nicht untergekommen.

Herr Ullrichs bietet ihr den Job auf Probe für vier Wochen an und er zahlt ein wirklich faires Gehalt. Als Sabine zuhause ist telefoniert sie mit ihrer Tochter und bittet sie im Internet nach „Alzheimer in jungen Jahren“ zu suchen. Keine 30 Minuten später weiß sie, dass die Krankheit nur sehr selten bei jüngeren Menschen auftritt und die Symptome und Behandlung auch etwas von der typischen Demenz im Alter abweichen kann.

Nicht die klassische Altersdemenz

Verschiedene Formen

Weniger als 2 Prozent aller Demenzerkrankungen fallen auf das Alter unter 65 Jahren. DIe Betreuungsmöglichkeiten sind daher nicht gut ausgebaut.

Es können folgende Formen auftreten:

  • Die Frontotemporalen Degenerationen kurz FTD ist die häufigste Form von Demenz bei jüngeren Menschen. Bei dieser Form sterben die Gehirnzellen im Stirnhirn (Frontalhirn) und im Schläfenlappen (Temporalhirn) ab, es kommt zu stärker werdenden Ausfallerscheinungen, wie man sie von der typischen Demenz kennt
  • Creutzfeldt-Jakob-Variante – Patienten leiden an schnell fortschreitender Demenz, Bewegungsstörungen oder Muskelzuckungen aufgrund eines geschädigten Nervensystems
  • Demenzen, die sich aufgrund schlechter Durchblutung und Durchblutungsstörungen manifestieren
  • Lewy-Körper-Demenz – eine Art der Demenz, bei der abnormale Proteine innerhalb der Gehirnzellen gebildet werden und zum geistigen Verfall führen
  • Demenzielle Erscheinungen aufgrund seltener neurologischer Erkrankungen oder Infektionserkrankungen des Gehirns: Bei etwa 10 bis 15 Prozent der Betroffenen sind Gendefekte die Ursache für eine frühzeitige Demenz.
  • Erbliche Formen von Demenzerkrankungen

Betreuungsmöglichkeiten Fehlanzeige

Junge Patienten sind selten

Bei Frau Ullrichs ist die Frontotemporale Degeneration (FTD) diagnostiziert worden. Sie ist bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Aufgefallen waren zu Anfang der Krankheit starke Wesen-Veränderungen und ihre immer größer werdende Vergesslichkeit. „Die Diagnose zu stellen, war langwierig“, berichtet Herr Ullrichs bei ihrem nächsten Treffen. „Natürlich war das für die gesamte Familie ein riesiger Schock. Ich musste mein Arbeitsleben komplett umstellen, damit ich mich um Elli kümmern kann“, sagt Herr Ullrichs weiter.

Gerade in fortgeschrittenen Stadien kann es sinnvoll sein, den geliebten Angehörigen in einer speziellen Einrichtung unterzubringen. Aber für junge Menschen ist dies oft nicht adäquat, da diese Einrichtungen in erster Linie alte demenziell Erkrankte aufnehmen. Herr Ullrichs hat deshalb für sich entschieden, dass er seine Frau, solange es geht, zuhause betreuen möchte. Dabei hilft Sabine ihm nun fünf Tage die Woche, verdient sich etwas zur Rente hinzu und hat wieder einen Sinn in ihrem Leben entdeckt.

Kann man einer Demenz vorbeugen?

Es ist wissenschaftlich noch nicht erforscht, warum und welche Menschen an einer Demenz erkranken. Brandaktuelle Studien legen nahe, dass ein bestimmtes Gen mitverantwortlich für den Ausbruch der Krankheit ist.

Ärzte sind jedoch kollektiv der Auffassung, dass eine gesunde Lebensführung mit viel Bewegung und einer guten Ernährung mit viel Obst, Gemüse und wenig industriell hergestellten Produkten dazu beitragen kann, sein persönliches Risiko zu minimieren. Dazu zählt auch wenig Alkohol zu konsumieren, nicht zu rauchen und Medikamente nur einzunehmen, wenn diese verschrieben wurden. Beeinflussbare Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus oder Herzrhythmusstörungen sollten möglichst optimal eingestellt und behandelt werden.

Wenn Sie an sich eine starke Wesensveränderungen entdecken oder das Gefühl haben, dass etwas bei Ihnen nicht stimmt, konsultieren Sie Ihren Hausarzt. Denn: Je früher eine Demenz diagnostiziert wird, desto schneller kann eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden.

Ist Demenz heilbar?

Leider ist es der Forschung bis heute nicht gelungen, ein wirksames Mittel gegen Demenz zu finden. Eine Heilung ist deshalb nicht möglich. Mit der richtigen Behandlung ist es jedoch möglich, den Verlauf abzumildern und zu verlangsamen.

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Dr. Ben Baak erklärt Demenz

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